Johannes Gustav Hermes

geb. 20.6.1846 in Königsberg
Ostern 1866 Reifeprüfung am Kneiphöfischen Gymnasium Königsberg
1870/71 Kriegsteilnehmer
14.12.1872 Staatsexamen in Mathematik
Doktorpromotion am 5. 4. 1879 in Königsberg
Probejahr am Realgymnasium Insterburg und Progymnasium des Königlichen Waisenhauses zu Königsberg
Michaelis 1893 Oberlehrer am Gymnasium Georgianum zu Lingen
1. 4.1899 Direktor am Königlichen Realgymnasium zu Osnabrück
31.12.1906 wegen Krankheit vorzeitige Entlassung aus dem aktiven Dienst erbeten
gest. 8. 6. 1912 und am 12. 6. 1912 begraben in Osnabrück

In seiner Einführungsrede am 11. 4. 1899 rühmt Hermes, als echter Sohn seiner Heimatstadt, den kantischen Begriff der Pflicht und schließt: »Geduld ist die Pforte der Freude. On peut tout atteindre, si l’on sait attendrel«

»Wir danken ihm für seine Güte und Milde, auf Grund deren er einen jeden sich nach seiner persönlichen Eigenart entwickeln ließ; für Treue und Unermüdlichkeit, mit der er sich bis zur Erschöpfung seiner Kräfte dem Ganzen wie dem Einzelnen gewidmet hat.« (Aus der Gedenkrede Prof. Roeslers auf Direktor Dr. Hermes)

Quelle: Walter Kaufmann (Hrsg.): 100 Jahre Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium vormals Real-Gymnasium (zu Osnabrück). Geschichtliche Ausschnitte, Bilder, Dokumente. H. Th. Wenner, Osnabrück 1967 (ISBN 3878980396), S. 59f.

Einladung zur Feier des Geburtstags Sr. Majestät des Kaisers und Königa 27. Januar 1906

> „Ein Koffer voller Zahlen“ („DIE ZEIT“ 34/2012, 16.08.2012, Autor: Frank Fischer

In Kaufmanns Jubiläumsschrift wird Hermes in einem Aufsatz von Helmut Heckmann über die Entwicklung des Mathematikunterrichts an unserer Schule zwischen 1867 und 1967 erwähnt:

Aus der Analytischen Geometrie, der im Schullehrplan ein volles Halbjahr zugewiesen wird, finden wir in der langen Reihe der Prüfungen unter Fischer nur zu Ostern 1888 eine Aufgabe.
Das ändert sich mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts.
Nachfolger Fischers wird 1899 der Mathematiker Dr. Hermes. Er rückt die Analytische Geometrie an die erste Stelle des Mathematikunterrichtes und fordert im mündlichen und schriftlichen Abitur beachtliche Kenntnisse in dieser Disziplin. Seit Hermes ist sie in jedem Aufgabenvorschlag vertreten. Seine Aufgabe zu Ostern 1900 lautet:
„Es sollen für die durch die Gleichung 252x2 +108xy +83y2 —180x —72y +36 = 0 bestimmte Ellipse die Hauptachsen und der Flächeninhalt berechnet werden“, mit der er an die analytischen Aufgaben Fischers aus den Siebzigerjahren anknüpft.
Sein Ziel ist jedoch die Infinitesimalrechnung. In den Streit um diese Disziplin als Unterrichtsstoff greift er 1901 mit einer Arbeit ein, die als „Wissenschaftliche Beilage“ zum 34. Schulprogramm erschienen ist. Hinter dem bescheidenen Titel „Geschwindigkeitslehre“ verbirgt sich der Versuch zu einer Methodik der Differentialrechnung mit zahlreichen mathematischen und physikalischen Anwendungen. Über die eigenartige Herleitung der Grundregeln schreibt der Verfasser: „lch glaube gezeigt zu haben, daß die Geschwindigkeitslehre … weder zu schwierig noch zu zeitraubend ist und daß man bei ihrer Erklärung eine Menge Begriffe, Worte und Zeichen, namentlich die Grenzbetrachtungen, entbehren kann, die sonst mit diesem Gegenstande unzertrennlich verbunden schienen, aber zur Erörterung in der Schule nicht geeignet waren.“
Die Zeiten waren günstig. Der neue preußische Lehrplan von 1901 blieb zwar bei einer konservativen Stoffauswahl, machte aber in seinen methodischen Bemerkungen den Reformbestrebungen das Tor auf: Für die oberste Klasse heißt es: „Dabei wird sich Gelegenheit bieten, den Schülern ein eingehendes Verständnis des Funktionsbegriffs, mit dem sie schon auf früheren Stufen bekannt geworden sind, zu erschließen.“
Schulmänner, Hochschullehrer, Ingenieure, Naturforscher und Ärzte setzten auf der Naturforscherversammlung zu Breslau 1904 die „Unterrichtskommission der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte“ ein, die 1905 in Meran ihre bekannten Leitsätze vorlegte. Um so erstaunlicher ist es, daß wir Hermes‘ Ideen weder in seinen Berichten über durchgenommene Stoffe noch in den Reifeprüfungsaufgaben finden.

Quelle: Heckmann, Helmut, Zur Entwicklung des mathematischen Unterrichts am E.-M.-Arndt-Gymnasium (1867/1967), in: Walter Kaufmann (Hrsg.): 100 Jahre Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium vormals Real-Gymnasium (zu Osnabrück). Geschichtliche Ausschnitte, Bilder, Dokumente. H. Th. Wenner, Osnabrück 1967 (ISBN 3878980396), S. 95ff., hier: S. 100

Frank Fischer schreibt über Hermes‘ Konstruktion eines regelmäßigen 65.337-Ecks in „DIE ZEIT“ 34/2012 (16.08.2012):

Ein Koffer voller Zahlen

Warum versucht sich jemand an der Konstruktion eines regelmäßigen 65.537-Ecks? Die wundersame Geschichte des Johann Gustav Hermes und seiner mehr als zehn Jahre währenden mathematischen Fleißarbeit

Weltweit gehört die Geschichte dieses Koffers heute zu den Ritualen einer Algebravorlesung. Wo auch immer man Mathematik studiert, irgendwann bekommt man die Anekdote in der einen oder anderen Form zu hören. Die Details weichen zwar jeweils ein wenig voneinander ab. Der Kern der Geschichte aber ist stets derselbe: … weiterlesen

In der online-Enzyklopädie wikipedia findet sich folgender Eintrag:

“Im Jahre 1894 vollendete Hermes seine über ein Jahrzehnt andauernden Anstrengungen, ein Verfahren für die Konstruktion des regelmäßigen 65537-Ecks ausschließlich mit Zirkel und Lineal zu finden und niederzuschreiben. Sein großformatiges, über 200-seitiges Manuskript wird heute in der Universität Göttingen in einem seinerzeit speziell dafür angefertigten Koffer aufbewahrt.” (Dank an Thomas Schoch für diesen Eintrag)

Das Digitalisierungszentrum der Universität Göttingen hat zwei von Hermes‘ Schriften ins Internet gestellt:

> Faksimile der Dissertation Hermes’: “Zurückführung des Problems der Kreistheilung auf lineare Gleichungen (für Primzahlen von der Form 2m+1)”

> Der „Göttinger Koffer“

 

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